Rad- und Bikemarkt auf Rekordniveau

Der Markt für die Fahrradbranche in Deutschland läuft rund, denn die vom Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) und dem Verband des Deutschen Zweiradhandels e.V. (VDZ) vermeldeten Umsatz- und Absatzzahlen bewegen sich 2019 erneut auf Redkordniveau. Der Verkauf an Fahrrädern und E-Bikes (in Stück) lag mit 4,31 Mio. Einheiten 3,1% über dem des Vorjahresniveaus (plus 130.000 Stück). Auch der Durchschnittspreis der je Rad/Bike ausgegeben wurde, stieg um fast ein Drittel. Demnach gab jeder Kunde - über alle Vertriebskanäle hinweg - durchschnittlich 982 Euro pro Fahrrad bzw. E-Bike aus, was im Vgl. zu 2018 eine beachtliche Steigerung von 30% entspricht. Dies ist sowohl dem wachsenden Anteil hochpreisiger E-Bikes als auch dem gestiegenen Qualitätsbewusstsein geschuldet.

Der Umsatz von Fahrrädern und E-Bikes steigerte sich von 3.16 Mrd. Euro (2018) auf 4,23 Mrd. Euro (Plus 34%) im Jahr 2019. Addiert mit dem Komponenten- und Zubehörbereich belief sich der Gesamtumsatz auf ca. 7 Mrd. Euro.

E-Bikes auf exponentiellem Wachstumskurs

Die Verkaufsbilanz von Rädern mit bzw. ohne Hilfsmotor weist zunehmend eine divergente Entwicklung auf. Während hinsichtlich der Modellgruppenaufteilung am Gesamtmarkt (nach Stück), City-/Urban, Trekking, MTB sowie Holland- und Tourenrad rückläufig sind, trumpft die Kategorie der E-Bikes mit üppigen Steigerungsraten auf. Der Zweirad-Industrie-Verband verzeichnete 2019 gegenüber dem Vorjahr mit 1.36 Millionen in Deutschland verkauften Exemplaren einen mengenmäßigen Zuwachs von rund 39%. Das exorbitante Wachstum der e-bike-Sparte glich unter dem Strich nicht nur die schwächelnde Nachfrage der "klassischen" Fahrräder (-7,8%)  aus, sondern sorgte sogar für ein Plus von 3.1% des stückzahlenmäßigen Gesamtabsatzes der Fahrradindustrie.

"Kannibalisierungseffekt" innerhalb der Modellgruppen

Dass die Fahrradindustrie sich auf einem ungebremsten Wachstumskurs befindet verdankt sie maßgeblich dem enormen E-Bike-Nachfrageschub. Schon seit geraumer Zeit fungiert die E-Bike-Sparte als echter Innovationstreiber und zentraler Wachstumsmotor der gesamten Zweiradbranche. Wenig Wunder, denn immer mehr Menschen fahren mit großer Begeisterung auf Räder mit elektrischem Hilfsmotor ab, was den mengenmäßigen Absatz erstmals über die Millionenhürde katapultierte. Die reizvolle Attraktivität der E-Bikes spricht Anhänger querbeet durch alle Gesellschaftsschichten und Altersgruppen an. Da der Elektroantrieb zwischenzeitlich in fast allen Modellgruppen vertreten ist, erweitert es das Produktportfolio dieser Sparte ungemein. Vom e-Trekkingrad über e-Lastenrad, e-Mountainbike, e-Faltrad bis hin zum e-Rennrad ist elektrische Unterstützung verfügbar.

Der Anteil von E-Bikes am Gesamtmarkt ist 2019 auf 31,5 % angestiegen, d.h. fast jedes dritte verkaufte Fahrrad/Bike verfügt inzwischen einen Elektromotor. Zum absoluten Verkaufsschlager zählen E-Mountainbikes. Ob Enduro, Fatbike, Cross-Country oder Damenvariante – so ziemlich alle Mountainbike-Modelle werden mittlerweile mit E-Bike-Power angeboten. 

Der Verdrängungswettbewerb macht sich am stärksten bei Mountainbikes und Lastenräder bemerkbar, da diese weitaus häufiger mit als ohne Motor verkauft werden. Zweifellos geht der e-Hype zu Lasten der klassischen Räder ohne Elektroantrieb. Gemessen am Gesamtmarkt schrumpfte der Anteil konventioneller MTB's von 6,5 % auf 5%. Der "kanibalisierende" Effekt des e-Trends gräbt dem klassischen Mountainbike verstärkt das Wasser ab, weshalb diesem Segment schon bald ein dezimiertes Nischendasein droht. Ein Blick auf die Verkaufskurven mit/ohne Motor verdeutlicht die gegenläufige Entwicklung der beiden Antriebskonzepte. Der Kurvenschnittpunkt (Patt 50/50) vollzog sich 2019, wobei das rasende Wachstum modellspezfischer e-Bikes in der Statistik ihren Niederschlag findet: Denmnach wurden fast 63 Prozent aller MTBs bzw. knapp 72 Prozent aller Lastenräder in der motorisierten Variante gekauft. Da sich also nur noch 37% der Mountainbiker für ein "Analog-Bike" entschieden zeigt wie stark sich die Schere auseinander spreizt. Einzig in den anderen Kategorien liegt das „Analog-Bike“ aktuell noch vorn. So kann sich das klassische Rennrad konstant mit 3,5 Prozent am Gesamtmarkt behaupten, wobei allerdings der Gravelbike-Trend die Radgattungsstatistik schönt.

Abgesehen von zahlreichen Neueinsteigern (gut zwei Drittel greifen zum e-bike) kommen etablierte/konditionierte Mountainbiker peau a peau in ein fortgeschrittenes Lebensalter, bei dem der Fahrspaß (besonders im anspruchsvollen Terrain) hauptsächlich mit e-Power länger aufrecht erhalten bleibt. Insofern arbeitet die Zeit unaufhaltsam für die "Stromer".

 Wen der relativ hohe Anschaffungspreis von E-Bikes abschreckt, kann als Arbeitnehmer alternativ auf ein erschwingliches „Dienstfahrradleasing“ zurückgreifen und obendrein steuerliche Vorteile geltend machen.

Wie eine Umfrage von IfD Allensbach (2019) ergab, gibt es inzwischen mehr aktive Mountainbiker als aktive Fußballer in Deutschland. Demzufolge fahren 3,74 Mio häufig bzw. 11,52 Mio gelegentlich Mountainbike, währenddessen 3,17 Mio häufig bzw. 10,94 gelegentlich Fußball spielen. Somit hat sich Mountainbiking zum Breitensport mit bundesweit gut 15 Millionen Anhängern entwickelt, was im übrigen auch die Deutsche Initiative Mountainbike (MTB-Dachverband) bestätigt.

Die Gründe für den anhaltenden E-Bike-Boom sind vielschichtig. Ausschweifende Modellvielfalt - verbunden mit formschönen Rahmendesign (integratives Akku-Konzept) - vereinen gefällige Optik, Komfort und breitbandigen Einsatzzweck - zu einem unwiderstehlichen Lifestyle-Produkt. Die konsequente Weiterentwicklung der Antriebs- und Batterietechnologie (größere Reichweite, geländespezifische Fahrmodis, Apps etc.) sowie innovative Technik dürfte bei der potentiellen Käuferschicht den "Will-Haben-Reflex" noch mehr wach kitzeln. Zudem liegt der praktische Nutzen auf der Hand, denn selbst für untrainiertere Personen sind längere / bergigere Wegstrecken bzw. höhere Durchschnittsgeschwindigkeiten ohne weiteres möglich. Sowohl in Städten als auch auf dem Land eröffnen sich völlig neue Mobilitätsoptionen. Für Radtouren bzw. Bike-Urlaube ist der erweiterte Aktionsradius - ohne ständig auf topographische Hindernisse achten zu müssen (vorausgesetzt man verfügt die erforderliche Fahrtechnik) - sowieso ein Segen.

Fahrradgattungen

Der Anteil der Modellgruppen innerhalb der Kategorie E-Bike (nach Stück) schlüsselt sich wie folgt auf:

  • E-Trekking 36%
  • E-City-/Urban 31%
  • E-MTB 26,5%
  • E-Lastenräder 4%
  • schnelle E- Bikes 0,5%
  • erstmalig E-Rennräder 0,5%
  • E-Sonstige 1,5%

Abgesehen vom Gesundheitsstreben, Fitnesswelle und gestiegenem Umweltbewusstsein führt der ZIV für den E-Bike-Boom folgende Gründe an: „Hohe Modellvielfalt in allen Produktkategorien, herausragendes Design, innovative Weiterentwicklung in der Antriebs- und Batterietechnologie (Stichwort: Integration) sowie interessante, neue Geschäftsmodelle rund um das E-Bike (z.B. Leasing, Cargo oder Bikesharing).“

Anmerkung: Der Zweirad-Industrie-Verband e.V. (ZIV) ist die nationale Interessenvertretung und Dienstleister der deutschen und internationalen Fahrradindustrie. Dazu gehören Hersteller und Importeure von Fahrrädern, E-Bikes, Komponenten und Zubehör.

Marktprognose 2020

Der Trend zum Radfahren ist nach wie vor ungebrochen. Ob in Ballungsräumen, wo Zweirad gegenüber dem staugefährdeten Auto in chronisch überlasteten Innenstädten überlegen ist, oder im Freizeit- und Touristikbereich: das Zweirad ist als ideales Fortbewegungsmittel omnipräsent und aus dem Alltagsbild nicht mehr wegzudenken. 

Die Verbände der Fahrradwirtschaft BVZF, VSF und ZIV haben gemeinsam mit den Fachmedien Velobiz, SAZ Bike und Radmarkt eine Branchenumfrage zu den Auswirkungen der Corona-Krise durchgeführt. Die Ergebnisse belegen, dass die Branche zwar spürbar von der Krise getroffen wurde, dennoch herrschen überwiegend optimistische Zukunftsaussichten, sofern es nicht zu einem weiteren Lockdown oder Lieferengpässen kommt. Angesichts teils leergefegter Verkaufsräume fordern die Verbände jedoch von der Politik, für ein fahrradfreundliches Verkehrsklima zu sorgen.

Das Coronavirus machte das Fahrrad zum klaren Krisengewinner, denn Millionen von Menschen stiegen vom öffentlichen Nahverkehr auf Alternativen um - die meisten von ihnen aufs Fahrrad. Nicht ohne Grund stufte die Politik die Fahrradinfrastruktur in Deutschland als systemrelevant ein, d.h. Radläden/Bike-Shops bzw. deren Werkstätten waren vom Ladenöffnungsverbot nicht betroffen. Radläden genießen dank ihrer Werkstattleistungen einen hohen Stellenwert, da sie die Mobilität vieler Menschen gewährleisten. Demzufolge verzeichneten Radgeschäfte unvorstellbare Rekordumsätze. "Der Mai war der stärkste Monat, den die Branche jemals erlebt hat", sagte David Eisenberger vom Zweirad-Industrie-Verband (ZIV). Ihm zufolge habe ein Großteil der Hersteller die coronabedingten Einbußen wieder aufgeholt. Er gehe inzwischen davon aus, dass die diesjährigen Umsätze auf Vorjahresniveau liegen werden – gesetzt dem Fall, ein wirschaftlich desaströser Lockdown bleibt aus.

Abgesehen davon, dass viele Menschen auf das Rad umgestiegen sind, birgt der Trend zum Urlaub innerhalb des Landes für Radreisen einen weiteren Multiplikator-Effekt.

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