DER BAYERISCHE WALD – DAS HÖCHSTE DER GEFÜHLE

Zugegebenermaßen ist Mountainbiken mehr als nur eine reine Lebenseinstellung. Mountainbiken ist ein stückweit Livestyle, das zur wahren Fahrkunst mutiert, wenn man getrieben von Leidenschaft, Hingabe und Motivation eine Symbiose mit dem Untergrund bzw. dem Streckenverlauf eingeht und selbstvergessen durch's Dickicht zirkelt. Dabei kommt es weniger auf die Geschwindigkeit und radikale Manöver an, als vielmehr auf agile Körperbeherrschung, die einen harmomischen Bewegungsablauf ergibt und letzten Endes die perfekte Kontrolle über das Bike im unwegsamen Gelände erlaubt. Vorausgesetzt man man befährt ein Gelände dem man sich gewachsen fühlt, dann kann man seinem Hobby wortwörtlich freien Lauf lassen.

Das Credo ist, einfach mal unbekanntes Terrain betreten, geile neue Strecke runterreißen, den Emotionen freien Lauf lassen und bleiernen Alltagsballast ausblenden, um nach einer endorphinanreichendem Tourerlebnis seine Freude so richtig befreit enthusiastisch in den Himmel zu schreien. Solche erleichternde Befreiungsschreie kehren für einen Augenblick das gegenwärtige Gefühlsleben ungeschminkt von innen nach außen. Eben drum schwitzt man sich liebend gern die Klamotten naß, pusht seinen Puls bis ans Limit und malträtiert seine Beinmuskulatur bis zum geht nicht mehr. Kaum verwunderlich, wenn Außenstehende am Wegesrand die körperliche Verausgabung mit einem Kopfschütteln goutieren.

Bild: Dreitannenriegel (1.090 m) - nahe Landshuter Haus (LK DEG)

Bayern - mit mehr als 70.500 Quadratkilometern das flächengrößte der 16 Länder in Deutschland - rollt Mountainbikern sprichwörtlich den roten Teppich aus. Zuckersüße Trailrosinen, die mehr oder weniger vor der Haustüre zur genüsslichen "Verkostung" bereit liegen, machen Reisen in fernere Gefilde schon fast überflüssig. Neben dem viel besuchten Alpenvorland gibt es auch weniger bekannte Bike-Reviere, die vorwiegend von Einheimischen, Ausflüglern und passionierten Biketouristen aufgesucht werden. Bayern verfügt eine ganze Reihe an Top-Spots, deren Mittelgebirgscharakter schwerpunktmäßig mittelschwere Schwierigkeitsgradbereiche aufweisen und somit die breite Masse der Hobbybiker anspricht. Was die Sache spannend macht: sowohl der jeweilige Landschaftscharakter, wie auch die Mentalität und Dialekt der Menschen sowie die regionaltypische Kulinarik unterscheiden sich von Gebiet zu Gebiet teils gravierend. 

Freilich steigert sich der Spaßfaktor und prickelnder Fahrgenuss am ehesten im fordernden Gelände. Doch leider werden einsame Naturwaldreservate aufgrund wachsender Industrialisierung und steigendendem Naturnutzerdrucks - was zu Coronazeiten im Alpenvorland in der besorgniserregenden Entwicklung "Overtourism" gipfelte - zunehmend rarer. Nichtsdestotrotz gibt es Kleinode, wo man tatsächlich stundenlang keiner Menschenseele begegnet. Richten wir unser Augenmerk auf den Bayerischen Wald, wo man gediegen über Stock und Stein pesen kann, ohne ständig anderen Naturnutzern in die Quere zu kommen. Was überregional weniger bekannt ist: dort schlummern vorzügliche "Spielwiesen-Reservate", von denen Offroader so gerne träumen. Die meisten Naturtrails im Bayerischen Wald weisen (Singletrail-) Schwierigkeitsgrade im Bereich von S0 bis S3 auf. Wenngleich es im Alpenraum vergleichsweise anspruchsvollere Strecken gibt so dürfte sich der Anteil derer, die ausgesetztes Steilgelände im SG-Level oberhalb S3 beherrschen auf eine verschwindend kleine Minderheit ausgewiesener Fahrtechnik-Cracks beschränken. Im Bayerwald gibt es eine Vielzahl epischer Trails und verschlungener Pfade, die die meisten Biker fahren können. Dabei stehen besonders die verborgenen und verschlungenen Trailrosinen, welche aus dem Dornröschenschlaf wach geküsst werden wollen an oberster Stelle in der Wunschliste. Ganz nach dem Motto: „Hinter den sieben Bergen, bei den sieben Zwergen“ erwarten einem zwar keine zipfelmützigen Zwergenfreunde, böse Hexen oder Stiefmütter - auch nicht das bezaubernde Schneewittchen - doch dafür gibt's versteckte "Bodenschätze", dessen Fahrspaß in aller Regel im geflashten Touch Down und gegenseitigen "High Fives" enden. 

Bild: Kleiner Arber mit Blick zum Großen Arber

Der Bayerische Wald, dessen größter Teil im Regierungsbezirk Niederbayern sowie der nordwestliche Teill in der Oberpfalz liegt, grenzt an Tschechien (Böhmerwald) und Oberösterreich. Gemeinsam mit dem Böhmerwald (tschechisch Šumava) und dem Sauwald (Oberösterreich). Die Naturregion bildet eines der größten zusammenhängende Waldgebiet Europas, weshalb das Gebiet auch das Grüne Dach Europas genannt wird. Im Vergleich zu Alpen-Spots mag der Bayerische Wald zwar noch ein wenig ein Mauerblümchen-Dasein fristen und vom Massentourismus verschont geblieben zu sein, doch genau dieser glückliche Umstand macht das weitläufige Mittelgebirge als Urlaubsgebiet so interessant. 

Es hat schon seine triftigen Gründe, wenn der Bayerische Wald - gelegen zwischen Donau, Böhmerwald (CZ) und Oberösterreich (A) - von Mountainbikern wie Fachmedien mit Lob Arien bedacht und verheißungsvoll als <Bayerisch Kanada> oder Outdoor-Schlaraffenland bezeichnet wird. Das Mountainbike-Eldorado im grünen Dach Europas kredenzt auf rund 6.000 Quadratkilometern 130 Berggipfel mit über 1.000 m Höhe. Zu den bekanntesten zählen z.B. der 8 km lange Höhenzug Hohe Bogen (1073 m), Pröller (1049 m), Brotjacklriegel (1011 m), Großer Osser (1293 m), Großer Arber (1456 m), Großer Falkenstein(1315 m), Großer Raichel (1453 m), Lusen (1373 m) Haidel (1.167 m) und Dreisesselberg (1333 m), deren großartige Gipfelkulisse bei einer MTB-Tour immer ein Highlight bildet. Bei Fernsicht erblickt man sogar das prächtige Alpenpanorama.

Schon der weltberühmte Schriftsteller Adalbert Stifter schrieb poetisch über den Bayerischen Wald: "Waldwoge reiht sich an Waldwoge, bis eine am Horizont die letzte ist und den Himmel schneidet". Wo früher der introvertierte „Grenzgänger“ zwischen österreichischem Mühlviertel, Bayerwald und Böhmerwald tiefsinnig und schweremütig durch menschenleere Waldgebiete streifte, genießen heute Freizeitaktivisten die abgeschiedene wildromantische Naturlandschaft.

Bild: Silberberg bei Bodenmais (Arberland)

Dass Radfahrer wie Mountainbiker im Freistaat Bayern wie die Made im Speck leben ist schon längst kein Geheimnis mehr. Die abwechslungsreiche Naturlandschaft mit mannigfaltiger Topographie spricht jeden Zweiradfan an, egal wie fit er ist bzw. ob ein Rennrad, Tourenrad, Gravel- Cross- e-bike oder Mountainbike pilotiert wird. Es gibt nicht viele Regionen in Deutschland mit einem derartig facettenreichen Wegenetz wie südlich des "Weißwurstäquators" (scherzhafte Bezeichnung für eine gedachte Kulturgrenze zwischen Bayern und dem übrigen Deutschland). 

Der Bayerische Wald vereint viele Facetten: Tief verwurzeltes Brauchtum hier, moderne Lebensweise dort. Einheimische sorgen auf traditionelle Art dafür, dass die bayerische Identität fortlebt – Garant für Individualität und Einzigartigkeit. Das bekommt der "zuagroaßte" Urlauber auf Schritt und Tritt zu spüren: als willkommener Gast eintauchen in die herzliche Atmosphäre, dialektische Verständnisprobleme überwinden und hautnah Land & Leute erleben.