Streckenbewertungssystem

Einen widerspruchsfreien Systemstandard zu entwickeln der verständlich, praktikabel und einfach anwendbar bleibt, unterliegt nun mal variablen Einflussfaktoren sowie subjektiven Wahrnehmungs- und Bewertungseinflüssen. Zudem erhöht das dynamische Zusammenspiel personen- und streckenbedingter Parameter die Komplexität eines Bewertungsstandards. Darüber hinaus ist das subjektive Belastungsempfinden von Mensch zu Mensch verschieden, weswegen sich divergentes Leistungspotential nur schwerlich in ein starres Kategorieschema pressen lässt. Den eigentlichen Knackpunkt stellen beim Biken im unwegsamen Gelände die beiden Parameter Kondition und Fahrtechnik dar. Sie verlangen vom Fahrer nicht situativ unterschiedliche Fähigkeiten sondern pendeln in punkto Anspruchsprofil je nach Up- Downhill, Wegebreite und Bodenbeschaffenheit unabhängig voneinander hin und her. Alles in allem steht in unterschiedlichen Verhältnisgrößen zueinander, was die Gültigkeit einer statischen Normskala schnell ins Wanken bringen kann. 

Licht ins dunkle Dickicht bringt ein Bewertungssystem, das sich auf objektive Maßstäbe stützt und sich an den sportartspezifischen Bedürfnissen der Biker orientiert. Hört sich einfach an – ist es aber nicht, denn die Entwicklung einer Bewertungsskala, welche individuellen Leistungsmerkmalen und den überaus sehr spezifischen Präferenzen der Biker gerecht wird, ist in Praxi ein schwieriges Unterfangen. 

Um oberflächlichen Pauschalbewertungen ein Ende zu setzen schließt der <EUROBIKE – SYSTEMSTANDARD> wohlwissend der geschilderten Problematik subjektive Einflüsse aus. Dazu ist unabhängig des Levelgrads (Fahrtechnik)  die Kondition unabhängig voneinander ablesbar ist. Es geht um die unveränderlichen Parameter der Strecke, während aktuelle Verhältnisse der Geländefaktoren (variable Bodenbeschaffenheit / Erosionsschäden) natürlich bewertungsneutral bleiben. Losgelöst von jeglichen Schwierigkeitsgradangaben sollte sich der Biker über tatsächliche Wegezustände einer geplanten Route und den herrschenden Wetterbedingungen vor Ort deshalb im eigenen Sicherheitsinteresse immer selbst aktuell erkundigen. 

Hinweis: für Genussradler, Mountainbiker und Rennradler wurde jeweils eine eigenständige, sportartspezifische Schwierigkeitsgradskala entwickelt. Aufgrund der disziplinären Abgrenzung sind Schwierigkeits- bzw. Levelgrade der Maßskalen zueinander inkompatibel, d. h. systemübergreifend nicht miteinander vergleichbar. 

Die Bedürfnisvielfalt der Mountainbiker, einhergehend mit der zweckorientierten Bike - Entwicklung ließ facettenreiche Spielarten im Gelände entstehen. Die zunehmende Zerfaserung des MTB-Sports ist das wichtigste Wesensmerkmal dieses boomenden Freizeitsektors schlechthin. Die Essenz des Bikens kreist dabei hauptsächlich um die Fahrtechnik. So werden heute unzugänglichste Winkel auf technisch anspruchsvollen Wegen, Trails oder Steigen erreicht, was bis vor wenigen Jahren schlicht als unfahrbar galt. Wo früher ausschließlich begnadete Cracks mit bleischweren Boliden umherkurvten, bügelt heute komfortabel gefedert „Otto-Normal-Biker“ auf superben „High-Tech-Boliden“ querbeet durch die Pampa. Wie locker und spielerisch man sich in unwegsamen Gelände arrangiert, hängt in erster Linie vom Fahrkönnen ab. 

Überfordert das Gelände über längere Passagen hinweg den Fahrer, ist Schluss mit lustig. Andauernde Überbelastung wirkt als demotivierende Spaßbremse, die das Gefühlspendel in Unbehagen, Angst und Frustration umschlagen lässt und eine kontraproduktive Körperspannung verursacht. Die Folge ein verkrampfter Fahrstil, der das Sturzrisiko erhöht. Gerade Neulinge kommen im unwegsamen Terrain an kniffeligen Stellen wie z.B. Serpentinen, Nasswurzeln, losem Schotter und Felsabsätze rasch an ihre Grenzen.

Damit die Tour keine Tortur wird und ausgeschüttete Endorphine Smileys ins Gesicht zaubern, bedarf es im Hinblick der individuellen Fähigkeiten einer sorgfältigen Routenplanung, weshalb ein praxisorientiertes Bewertungsprocedere unumgänglich ist.

Bewertungsangaben - beruhend auf dem <EUROBIKE–SYSTEMSTANDARD> - helfen, unbekanntes Terrain bzw. MTB-Routen einschätzbarer zu machen und zeitigt in Gegenden fern der Zivilisation ein wichtiges Sicherheitsplus. 

Auch wenn Steigungen, Abfahrten, technische Schlüsselpassagen und wechselnde Bodenbeschaffenheiten Fahrtechnik und Kondition unterschiedlich intensiv fordern, wird das Wegegeflecht einer Gesamtstrecke nicht abschnittsweise sondern durchgängig bewertet. 

Background 

Der geländespezifische Nutzungswandel ist mitverantwortlich, dass die Bike-Branche unentwegt innovative Neuentwicklungen kreiert, um den gewachsenen Ansprüchen gerecht zu werden. Daraus folgt, dass sinnbildlich für den hoch individualisierten Mountainbikesport seine Facettenvielfalt Pate steht. Individuelle Präferenzen spiegeln sich in fein abgestuften Bike Gattungen, die dem Einsatzspektrum kaum mehr Grenzen setzen. Ob XC, Touren, Marathon, Allmountain, Enduro, Freeride oder Downhill - Laufradgröße 26, 650 B, 29 Zoll - Feder- u. Dämpferelemente bis 200 mm – für nahezu jeden erdenklichen Einsatzbereich wird optimale Funktionalität geboten. Insofern erfindet sich die Sportart mit all ihren universellen Schattierungen beständig neu. Dabei zählt das <Allmountain> als Allzweckwaffe, weil es einfach den besten Kompromiss für Up- und Downhill in sich vereinigt und darüber hinaus den breitesten Einsatzzweck im Gelände bietet. Je nach Faible kann es gewichts- und federwerksoptimiert eher Touren- und kletterlastig oder stärker abfahrtsorientiert (Allmountain +) aufgebaut werden.

Unter Mountainbikern herrscht naturgemäß nicht nur eine große Leistungsspreizung, sondern individuelle Vorlieben driften extrem auseinander (multidisziplinär). Dreht sich bei Freeridern / Downhiller alles um abfahrtsorientierte Fahrtechnik, bevorzugen (bergaffine) Cross Country- Marathon- und Tourenbiker den Mix von Wegen, Pfaden und (flowige) Singletrails - und zwar berg- wie talwärts. Insbesondere der explosionsartig einsetzende Run auf Singletrails spiegelt ein stückweit das Naturell seiner Akteure wider. Nirgends sonst wird der Nervenkitzel so auf Trab gehalten als auf „Schmalspurpfaden“. Diese Wegeform bewirkt eine unsichtbare, sportarttypische Schranke, die im Nutzerverhalten wie Materialeinsatz sichtbar ihren Niederschlag findet. 

 Schönes Wochenende

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