Material- und Reinigungs-Check

Wer rastet, der rostet – das gilt für Mensch wie Material. Soll das Bike zuverlässig und geschmeidig wie eine Katze schnurren, will es gehegt, gepflegt und gewartet sein. Gerade über die Herbst- und Wintermonate häufen sich verdreckte Schlammeinsätze die auf bewegende Teile und Mechanik wie Schmirgelpapier wirken. Dazu gesalzter Asphalt, der dem Antriebsstrang (Kette, Ritzelpaket, Kettenblätter) korrisionsfördernd zusetzt. Solch materialverschleißende Bedingungen erfordern intensive Wäsche und Pflege. Ansonsten leidet die Zuverlässigkeit und Haltbarkeit, was letzten Endes an den Geldbeutel geht.

Bikewäsche

Nach einer Tour im Schnee, Matsch, Schlamm, Eis oder Streusalz ist gründliche, pflegliche Handwäsche angesagt. Finger weg von Hochdruckreinigern bei denen sich der Wasserdruck nicht manuell regeln lässt. Die vermeintliche Arbeitserleichterung ist mehr schädlich denn nützlich, da ein zu starker Wasserstrahldruck den empfindlichen Lagern und Naben hart zusetzt. Der scharfe Wasserstrahl presst Feuchtigkeit und Schmutzpartikel in die Lager, wo fortschreitende Korrision dem mechanischem Innenleben alsbald den Garaus bereitet. 

 

 

 

 

Wesentlich schonender geht es dem Dreck mit einem Wassereimer, fettlöslichem Spülmittel, Schwamm und Lappen an den Kragen. Bürsten und ausgediente Zahnbürsten sind probate Hilfsmittel, auch zu schwer zugänglich verunreinigten Ecken vorzudringen. Putzsystem: von oben nach unten arbeiten, d.h. mit Rahmen, Lenker, Sattel und Sattelstütze beginnen, danach sind Felgen, Speichen und Naben zu reinigen. Zu guter Letzt sind, Kurbelarme, Pedale, Kette, Ritzelpaket und Kettenblätter an der Reihe. 

Ein sanfter Wasserstrahl aus einem Gartenschlauch löst mühelos den gröbsten Schmutz. Anschließende Feinwäsche mit reichlich (lauwarmen) Wasser und weichem Lappen bringt das Gefährt wieder zum Blitzen.

Tipp: Unkraut-Spritzen! Diese Behältnisse versprühen das Wasser mit Niedrig-Luftdruck, weshalb sie sich "zweckentfremdet" für eine Turbowäsche perfekt eignen. Doch auch hier gilt: kein direkter Wasserstrahl in die Lager und Radnaben.

Der Antriebsstrang

Nachdem die Kettenglieder sauber und trocken sind, können sie auf der Innenseite mit (biologisch abbaubarem) Kettenfett / Öl betreufelt werden. Damit später kein Schmutz durch überflüssiges Öl haften bleibt, Kette nach kurzer Einwirkzeit einfach durch einen Lappen ziehen - fertig. Der Spruch “viel hilft viel” trifft in diesem Fall definitiv nicht zu. Vermischt sich Schmutz mit Kettenöl, greift der Schmirgeleffekt die Materialoberflächen der bewegten Teile an. Regelmäßig gepflegte und gut geschmierte Ketten haben eine längerere Lebensdauer - was infolgedessen auch für die teureren Kettenblätter und das Ritzelpaket gilt. Bei dieser Gelegenheit sollte der Antriebsstrang auf Verschleißerscheinungen inspiziert werden (z.B. Ketten-Messlehre). 

Faustregel: wird die Kette zum zweiten Mal erneuert, sollte zumindest das Ritzelpaket gleich mit getauscht werden. Greifen Ritzelzähne nicht mehr exakt in die Kettenlaschen (gelängte Kette) überträgt sich der Verschleiß auf die vorderen Antriebszahnräder wie den hinteren Zahnkränzen. Der enorme Abnutzungseffekt wird meist erst dann bemerkt, wenn eine neu montierte Kette bei kräftigem Antritt über die Zähne (vorn/hinten) springt. Je nachdem was alles ausgewechselt gehört, kann die Ersatzteilbeschaffung im Verhältnis zum Preis einer relativ billigen Kette richtig teuer werden. Weisen Kettenblätter bzw. Kassette oder Schaltungsröllchen (seitliches Spiel prüfen) ein unsymetrisches Sägezahnprofil auf, gehören sie schleunigst ausgetauscht.

Reifenluftdruck

Nach dem Putzen kommt die Wartung. Ausgestattet mit einem Maulschlüssel- Inbus- Torx- Set sowie paar Schraubendreher sind ein Großteil von Wartungsarbeiten und Bikereparaturen kein Hexenwerk. Viel handwerkliches Geschick braucht es nicht, um elementare Servicearbeiten selber zu erledigen. Der ideale Reifenluftdruck richtet sich nach Einsatzzweck, Gelände- und Bodenbeschaffenheit sowie Fahrweise. Die Spanne liegt zwischen 1.5 - 2.0 Bar - Fatties und Semi-Fatties reicht ein low pressure von 0.5 - 1.2 bar. Luftdruckangaben stehen i.d.R. auf den Reifenflanken. Vorsicht vor unangepasstem Luftdruck: dies provoziert u.U. Durchschläge, verschlechtert die Spurtreue, erhöht den Rollwiderwiderstand und verkürzt darüber hinaus die Laufleistung des Reifens. Eine Sichtkontrolle auf Schadhaftigkeit (spröder Gummi, Schnitte, Rissbildung) zeigt ob der Mantel runter muss. Abgefahrenes Reifenprofil vermindert Traktion und Gripp, was besonders bei Nässe, Schlamm und glitschigen Wurzeln im Uphill hinten und Downhill vorne die Performance spürbar einschränkt. 

 

Wer auf Schlauchlosreifen mit Dichtmilch dahin rollt sollte daran denken, dass Dichtmittmittel hersteller- und typabhängig unterschiedlich schnell austrocknen / zersetzen (Richtwert ca. 3 - 6 Monate). Tipp: ob noch intakter Pannenschutz besteht, lässt sich mit einem feinen Nadelstich in die Lauffläche feststellen. Tritt wässrige Flüssigkeit oder gar nur Luft aus, dann gehört umgehend frische Dichtmilch rein. Um das Laufrad-Gewicht nicht unnötig zu beschweren macht es Sinn, zunächst die alte Restflüssigkeit und geschrumpelte Latexbällchen im Reifenmantel vollständig zu entfernen bevor neue Dichtflüssigkeit nachgefüllt wird. Von einem Mischen verschiedener Dichtmittelprodukte raten Hersteller wegen unterschiedlicher Inhaltsstoffe ab. Tipp: trotz Tubeless-Bereifung sicherheitshalber Ersatzschlauch, Reifenheber und Luftpumpe mitführen. Schlitzt man sich den Mantel z.B. an scharfkantigem Gestein auf, schaut man ansonsten mit dem Ofenrohr ins Gebirge.

Speichenspannung

Werden benachbarte Speichen mit Daumen und Zeigefinger Stück für Stück auf Spannung überprüft, verhindert die rechtzeitige Korrektur ungleicher Speichenspannung Folgedefekte wie z.B "Felgen-8er". Mit ein wenig Fachwissen und Erfahrung sowie einem Speichenschlüssel und Zentrierständer ausstaffiert, können leichtere Seiten- Höhenschläge in geduldiger Pfrimelarbeit ausgebessert werden. Größere Abweichungen erfordern jedoch eine komplette Laufradzentrierung.

Bremsen

 Bremsenkontrolle: Bremshebel sollten leichtgängig, bei gleichzeit progressiven Ansprechverhalten zu betätigen sein. Die Belagsstärke lässt sich in aller Regel durch eine kleine Öffnung am Bremssattel kontrollieren. Weist die Belagstärke nicht mindestens 1 Millimeter auf, gehören sie in die Tonne. Zum Belagstausch ist der Sicherungssplint zu entfernen. Schleifende Bremsscheiben an den Belägen nerven nicht nur akustisch sondern erhöhter Rollwiderstand nötigt zu allem Überfluss mehr Wattleistung ab. Das Problem deutet womöglich auf eine unpräzise Auflagefläche der Bremsbeläge bzw. Bremssattelposition hin. Allerhöchste Eisenbahn, die Stopper bzw. Bremsattel neu zu justieren oder ggf. die Bremsbeläge zu wechseln. Dank Postmount-Systems, mit dem die meisten Scheibenbremsen heutzutage befestigt sind, braucht man nur zwei Befestigungsschrauben des Bremssattels lösen. Während der Bremshebel (bei eingebautem Rad) gezogen bleibt werden gleichzeitig die Schrauben festgezogen. Lässt sich der Bremshebel bei maximaler Handkraft weniger als zwei Fingerbreit bis zum Griff ziehen (Luft dringt durch Dichtungen ein) oder fühlt sich der Druckpunkt schwammig an, ist eine Bremsenentlüftung fällig. Eine etwas diffizile Angelegenheit die nicht jedermanns Sache ist, weshalb im Zweifelsfall sicherheitshalber der der Werkstattprofi eines Bikehändlers mit dieser sicherheitsrelevanten Aufgabe betraut werden sollte. Vorsicht bei ausgebautem Vorder-/ Hinterrad: niemals den Bremshebel ziehen, sonst verschließen die zusammengepressten Beläge den schmalen Scheibenschlitz. Bremsseile schmalen Scheibenschlitz

 Schaltwerk - Umwerfer

Falls (hakelige) Gänge nicht mehr reibungslos flutschen kann mit der Einstellschraube am Schalthebel (Kettenschaltungen) die Seilzugspannung angepasst werden. Verlief die Feinjustierung ergebnislos, ist ggf. das Schaltauge exakt positionieren oder der Umwerfer auszurichten. Hierbei ist ein bisschen Fingerspitzengefühl gefragt. Ein Spritzer dünnflüssiges Pflegeöl auf die Seilzüge sowie bewegliche Mechanik reduziert Reibungskräfte. Bleiben Schalthebel oder Drehgriffe weiterhin schwergängig, sind verschliessene Bowdenzüge auszutauschen. Wer eine gekapselte Nabenschaltung besitzt ist bzgl. solcher Wartungs- und Pflegearbeiten natürlich fein raus. Schaltseile sollten an den Enden Verschlusskappen haben und nicht ausgefranst sein. Beschädigte oder geknickte Außenhüllen sind zu erneuern. 

 Federgabel - Dämpfer

Zur Schmierung der Feder- und Dämpferelemente sowie Pflege der Dichtungen sind nur speziell dafür vorgesehene Fette und Gabelöle zu verwenden. Dies sorgt für besseres Ansprechverhalten und Langlebigkeit. Da eine komplexe Service-Inspektion der Federgabeln und Dämpferkomponenten herkömmliche Hobby-Schrauber-Fähigkeiten rasch übersteigt und zudem diverse Originalersatzteile erfordert, sollte Service und Ölwechsel Spezialisten vorbehalten bleiben.

Steuersatz

Ein zu lockerer / fest eingestellter Steuersatz beeinflusst das Fahrverhalten negativ. Problemanalyse:  Im Stand die Vorderradbremse ziehen und das Rad nach vorn und hinten drücken. Wird mit Daumen und Zeigefinger an der unteren Lagerschale ein Knacken festgestellt, ist der Steuersatz nachzujustieren. Ebenso, wenn sich das entlastete Vorderrad (ohne Bodenkontakt) mit dem Lenker nicht leichtgängig in beide Richtungen einschlagen lässt. 

Schraub- und Klemmverbindungen

Schraub- und Klemmverbindungen an Lenker, Vorbau, Pedale, Flaschenhalter, Gepäckträger, Schutzbleche, Sattelstütze usw. ggf. nachziehen - dito Achsmuttern oder Schnellspanner. Besondere Vorsicht ist bei Carbonparts geboten. Vorgeschriebene Anzugsmomente sind zu einzuhalten, weswegen ohne Drehmomentschlüssel nichts geht.Schrauben und Gewinde sollten bei der Montage gefettet werden. Lenkervorbauten, feststehende Sattelstützen und Pedalgewinde sollten von Zeit zu Zeit Montagefett sehen, damit sich die Verbindungen nicht festfressen.

Kleinere Service- und Wartungsarbeiten sind zwar kein Hexenwerk, dennoch gilt: wer technisch weniger firm ist und auf Nummer sicher gehen will, vertraut dem fachmännischen Werkstattdienst eines kompetenten Bikehändlers.