Mutter Erde - der Garten Eden

„Go anywhere, do everything“ - unter diesem Motto schlägt sich seit den 90er Jahren der begeisterte Geländeradler – heute gemeinhin Mountainbiker - querfeldein durch Wald & Wiesen über Stock & Stein. Früher noch abschätzig belächelt, entwickelte sich der Randsport peau a peau zum Trendsport – ja zur beliebten Lifestyle-Bewegung für Jedermann. Das Institut für Demoskopie Allensbach führte eine Datenerhebung bei 105 000 Personen (2007 – 2011)  durch. Demzufolge fuhren 2011 hochgerechnet rund 3,45 Millionen in ihrer Freizeit häufig bzw. 10.15 Millionen gelegentlich Mountainbike. Die Zahlen belegen eindrucksvoll, dass Mountainbiking nicht nur den Kinderschuhen eines Nischensports entwachsen ist, sondern des weiteren heute in breiten Gesellschaftsschichten hohe Akzeptanz genießt.

Scharenweise schwingen sich behelmte Gestalten in trendigen Funktionsklamotten auf den Sattel und wagen sich in unwegsame, abgeschiedene Regionen. Der Grund für die federwegbestückte Massenbewegung liegt auf der Hand. Sauerstoffreiche Wälder, saftiges Wiesengrün, karge Felswände, gezackte Bergrücken, Gebirgsbäche und smaragdgrüne Bergseen  bieten ein Rückzugsgebiet, wo man den Zwängen des Zivilisationsgeschehens wundersam entfliehen und dem Leben richtig Erlebnisspaß abgewinnen kann. Gerade unerwartete – sprich unplanbare – Momente haben es in sich und drücken Geländetrips ihren unverwechselbaren, spannungsgeladenen Stempel auf. Sind sensibilisierte Sinne auf Empfang geschaltet, verschmilzt die Fahraction inmitten der stillen Natur zu einem energetischen Ganzen, die der Yin - Yang - Ballance auf die Sprünge hilft.

Die Sehnsucht nach Aktivität in freier „Wildbahn“ kommt nicht von ungefähr. Kredenzt uns doch die prächtige Naturvielfalt jene intergalaktische Spielwiese, auf der wir nach Herzenslust im wahrsten Sinne des Wortes abfahren. Fern jeglicher urbaner Hektik liegt der <Garten Eden> stollenbereiften Geländefans ergeben zu Füßen. Allen voran Singletrails in kupiertem Gelände - seit gut 5 Jahren Everybody's Darling - sind in aller Munde. Hakelige Turns und enge Kurvenkombinationen samt Anlieger wieselflink im Zickzackkurs perfekt durchpfeilt - das ist es, worauf ein Millionenheer von Mountainbikern sprichwörtlich abfährt. Klar, denn nur Schmalspurpfade  versprechechen Gefühlswallungen erster Sahne. Im diversen Wegegeflecht von Wald- Wiesen- und Forstwegen trennen Singletrails fahrtechnisch betrachtet die Spreu vom Weizen. Eine unsichtbare, sportarttypische Schranke, die im Nutzerverhalten wie Materialeinsatz ihren Niederschlag findet. Aus diesem Blickwinkel betrachtet gelten Schmalspurpfade ohne Umschweife als potentielle Glücksbringer für leidenschaftliche Trail - Akrobaten. 

Topographische Geländeverhältnisse liefern irrwitzigste Kreationen – vom sanft hügeligen Terrain mit breiten Schotterstraßen bis zum handtuchschmalen Singletrail im ausgesetzten Steilgelände. Mutter Erde schwingt ihr Zepter und legt ihren variantenreichen Bodenteppich wie Suchtköder aus. Eigentlich gibt es nichts was es nicht gibt, denn die Wildnis zaubert ein ums andere Mal Überraschungen aus ihrem Hut, die bei voller Fahrt pariert sein wollen. Irgendwie erweckt das unerschöpfliche Naturterrain mit seinem unermesslichen Entfaltungsspielraum den Anschein, als ob der großartige Schöpfer leibhaftig alle Register für Mountainbiker zog. Wer weiß, jedenfalls schuf Gott als wundersamer Baumeister des Irdischen den Bikern ihren Himmel auf Erden. 

Mountainbiking ist beileibe keine „Allerwelts-Freizeitbeschäftigung“ – sondern schlichtweg eine Lebenseinstellung. Man saugt beim selbstvergessenen Abrocken erlebnisdurchtränkter Trails die Essenz bewegender Augenblicke wie einen trockenen Schwamm auf und schwelgt sich ab und an in hoch-emotionalen Glücksmomenten.