Traurig aber wahr: die Petition zur "Streichung der "2-Meter-Regel" einschl. entspr. Bußgeldbestimmung §37 Abs.3 Satz 2 Landeswaldgesetz Baden-Württemberg (LWaldG)" wurde von der Rot Grünen Landesregierung abgeschmettert. Die Begründung, warum das Begehren scheiterte, hinterlässt einen faden Beigeschmack. Denn mit welch Winkelzügen versucht wurde, die Notwendigkeit der 2-Meter-Regel als Unentbehrlich darzustellen, ist rational nicht nachvollziehbar.

 

Das Wichtigste vorneweg: nach wie vor existiert kein Nachweis, der Auswirkungen auf Unfälle oder Konfliktpotential bei einer Mindestwegebreite von zwei Metern belegt bzw. irgendwelche Erkennntisse die die Notwendigkeit einer solchen Regel rechtfertigen würde.

Das Ministerium räumte ein Informationsdefizit bereits 2010 ein:„Ebenso liegen dem Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum keine Zahlen dazu vor, wie sich die gesetzlich vorgeschriebene Mindestwegebreite von zwei Metern auf das Radfahren in Wald und Flur seit ihrer Einführung im Bezug auf Unfälle, Streitfälle und Ähnliches ausgewirkt hat, da Statistiken hierzu weder zentral noch dezentral geführt werden.“

Mangels Nachweis ist demnach eine schlüssige Argumentation die die 2 Meter Regel sachlich begründen könnte, seitens der Befürworter nicht möglich. So verwundert es kaum, dass Erklärungsnöte den Petitionsausschuss zu Behauptungen, Vermutungen, Äpfel-Birnen-Vergleiche und ungeeigneten Fallbeispielen verleitete. Trotz alledem beschloss das Parlament am 16.10.2014 - ohne Würdigung der Mountainbiker-Interessen - der Empfehlung des Petitionsauschusses zu folgen.

Einseitig geprägter Entscheidungsprozess

Das Ziel der Petenten - Deutsche Initiative Mountainbike e.V. (DIMB), Allgemeiner Deutscher Fahrradclub (ADFC), Badischer Radsportverband (BRV) und Württemberischer Radsportverband (WRSV) stand von Anfang an auf verlorenem Boden, weil die Mitarbeit am Strategiepapier den Verbänden der Radfahrer und Mountainbiker versagt blieb. Erstellt wurde dieses von der Arbeitsgruppe, die sich aus Schwarzwald-Tourismus GmbH, den beiden Naturparken des Schwarzwaldes, dem Schwarzwaldverein und ForstBW zusammensetzte - verbunden mit der Maßgabe, das Mountainbikewegenetz im Schwarzwald zu verbessern. 

Die (undemokratische) Vorgehensweise entzog ausgerechnet jener Gruppe das Mitspracherecht, über deren "Ausgrenzung" hinter verschlossenen Türen diskutiert wurde. Ohne Chance auf Einflussnahme des Entscheidungsprozesses und einvernehmliche Lösungsansätze liegt der Schluß nahe, dass das Ergebnis des Strategiepapiers bereits vorher fest stand. Unter diesen Bedingungen in den sauren Apfel beißen zu müssen ist bitter, gleichwohl der Zankapfel nicht verspeist ist. Formal mag der Interessenskonflikt für Politiker beendet sein, doch der inakzeptable Erlass heizt den Sturm der Entrüstung weiter an. Von Resignation keine Spur. Über die Ungleichbehandlung und diskriminierende Ausgrenzung wird in sozialen Netzwerken mächtig Dampf abgelassen. 

Da der parlamentarische Beschluss sich nicht auf einem breit getragenenen Konsens unter Einbindung relevanter Interessensgruppen stützt, haftet ihm ein bitteres "Gschmäckle" an. 

Daran ändert auch kein Zugeständnis von <Ausnahmemöglichkeiten> etwas. Reine Augenwischerei, denn mit punktuell verteilten "Singletrail-Enklaven" ist keinem geholfen. Der Singletrail-Anteil wurde auf 10% des MTB Wegenetzes im Schwarzwald (8.500 km, davon aktuell 2,5% als ST ausgewiesen) gedeckelt. In Praxi wären das laut Schwarzwald-Tourismus ca. 55 Touren - schwarzwaldweit. Ein Tropfen auf den heißen Stein, zumal selbst auf gesondert ausgewiesenen (Single-) Trails jederzeit mit Fußgängern zu rechnen ist. Infolgedessen müssten die meisten Locals umständlich anreisen, statt wie üblich von zuhause aus umweltfreundlich sich in den Sattel zu schwingen. Da ein Abzweigen auf nicht genehmigte Trails verboten ist, schnürt das Korsett dem Freiheitsdrang, der Spontanität, Flexibilität und Unbeschwertheit sprichwörtlich die Luft ab. Dabei wäre die Zeit überreif, die Gegebenheiten zu aktzeptieren wie sie sind und die Infrastruktur an die gelebte Realität (gleiches Recht für alle) anzupassen.

Leider wird manchmal an den zielgruppenspezifischen Bedürnissen vorbei geplant. Zu sehen am (Trauer-) Beispiel der 450 km lange <Bike Crossing Schwarzwald Route> deren Route vorwiegend auf reizarmen Forstautobahnen ohne jegliche Singletrail-Abschnitte verläuft. Konditionell ansprechend (16 000 hm) aber fahrtechnisch absolut anspruchslos, weshalb die Mehrtagesetappentour von "waschechten" Mountainbikern weitestgehend gemieden wird. Da die Strecke mit dem Cross- oder Trekkingbike - ja sogar Reiserad - durchgängig befahrbar ist, bedarf es keiner großartigen Bikebeherrschung und schon gar nicht braucht es ein performantes Mountainbike mit sattem Federwegpotential. Der Großteil der Strecke verläuft auf breiten, geschotterten Forstwegen, knapp 50 km rollt man auf Asphalt und nur ein verschwindend kleiner Teil führt über schmälere Waldpfade. Um es im Szenen-Jargon auszudrücken: der Burner ist das nicht. Die Faszination liegt vielmehr rechts und links von der Wegekante, doch die Befahrung endorphinanreichernder Schmalspurpfade sind in BW bekanntermaßen verboten. Frei von fahrtechnischen Leckerbissen verspricht die <Bike Crossing Schwarzwald Route> weder Fun noch Kicks, dementsprechend mager sieht die Nutzerfrquenz aus. Wie himmelweit die Meinungen auseinanderklaffen macht die Stellungnahme vom Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum (2010) deutlich: "Mit dem Bike Crossing Schwarzwald als regionales Streckenrückgrat ist eines der besten Mountainbike-Reviere Deutschlands gut am Markt platziert, im Bereich der Schwäbischen Alb ist ein entsprechendes Revier seit 2008 am Markt." Anspruch und Wirklichkeit sind eben zwei paar Stiefel. Die Strecke spricht einen Typus von Tourenradlern an, die mit dem klassischen Mountainbiker  - gleich ob Cross Country, Allmountain oder Enduro-Ambitionen - wenig gemein haben. 

Anstatt ernsthaft um einen ausgleichenden, tragfähigen Kompromiss bemüht, wurde im Vorfeld Stimmungsmache gegen die radfahrende Naturnutzergruppe betrieben. Die Verallgemeinerung von Fehlverhalten einzelner "Schwarzer Schafe" erweckte dabei den Eindruck, als wären Biker durch die Bank rücksichtslos und herrsche zwischen Naturnutzern untereinander nur Zwietracht. Dass dies jeglicher Realität entbehrt wissen die Betroffenen am besten selbst. Alle in einen Topf zu schmeißen und Millionen von Mountainbikern für Fehlverhalten Einzelner in Sippenhaft zu nehmen ist ungerecht, zumal überwiegend ein ausgesprochen entspanntes Verhältnis zwischen Wander- und Biker-Volk herrscht. 

Das bestätigt auch die Studie „Wandern & Mountainbiken“ (2012) von Prof. Dr. Ulrich Schraml, Institut für Forst- und Umweltpolitik der Universität Freiburg, wonach die wenigsten Waldnutzer ein Problem mit der anderen Nutzergruppe haben bzw. sich gestört oder beeinträchtigt fühlen. Eine gezielte Befragung der Wanderer und Mountainbiker stellte im Hinblick ihrer Zufriedenheit bzgl. Erholungserlebnis ausgesprochen hohe Zufriendheitswerte - selbst auf stark frequentierten Wegen - fest, wobei die Zufriedenheit bei beiden Gruppen auf schmalen Wegen noch höher war. Die Umfrageergebnisse widerlegen eindeutig die Mär vom ausgeprägten Konfliktpotential schmälerer Pfade. 

Dank Lobbyismus der einflussreichen Wandervereine wird eine unliebsame Nutzergruppe weiterhin aus dem Garten Eden vertrieben. Es bleibt dahingestellt, ob elitäre Naturnutzeransprüche dem Image der Wandervereine dienlich sind bzw. ob deren Mitglieder dies auch so kompromisslos sehen. Schließlich kommen Wanderer und Biker - abgesehen von Einzelfällen - gut miteinander aus. Es verhält sich wie so oft im Leben. Von Mensch zu Mensch versteht man sich, zeigt Verständnis und hegt Toleranz. Kommt "Politik" ins Spiel, wird die Sachlage schwieriger. Dann werden schon mal einseitige Interessen durchgefochten, egal wer dabei auf der Strecke bleibt. Das schafft kein harmomisches Miteinander sondern böses Blut, das die Fronten verhärtet.

Redaktionelle Kommentare zum Thema "Wem gehört der Wald?" siehe pressedienst-fahrrad.

  Chamäleon-Politik

Die Politik von Alexander Bonde (Bündnis 90/Die Grünen), Minister für ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Baden Württemberg steht bgzl. 2-Meter-Regel im krassen Gegensatz zu der seines Parteikollegen und früheren Landtagsabgeordneten Johannes Buchter vor 19 Jahren. Anlässlich der Einführung der 2-Meter-Regel warf er der damaligen Landesregierung 1995 mit markigen Worten vor: "Die Regierung will ja das Radfahren im Wald auf Wegen unter 2 m Breite generell verbieten. Ich sage Ihnen, Herr Minister Weiser, jetzt schon voraus, dass Sie bei dieser Tour einen Speichenbruch erleiden werden - ganz einfach deswegen, weil erstens Baden-Württemberg das einzige Land im Bundesgebiet ist, das eine solche Regelung vorsieht, und weil Sie zweitens eine solche Regelung vorsehen, ohne den wissenschaftlich gesicherten Beweis angetreten zu haben, dass Radler für größere Umweltschäden sorgen oder auch nur eine größere Wildstörung hervorrufen als Wanderer. Drittens ist - das ist schon mehrfach angesprochen worden - die Wegbreite eine unbestimmte Größe. Die Radfahrer müssten also immer ihren Zollstock mitnehmen, um zu sehen, ob sie noch auf einem Weg über 2 m Breite oder schon auf einem unter 2 m Breite sind. Das ist praktisch nicht umsetzbar. Es ist auch zu bemerken: In den Städten gibt es jede Menge Radwege unter 2 m Breite, auf denen sich wesentlich mehr Fußgänger befinden. Dort passiert praktisch nichts. Dort soll es unproblematisch sein, aber im Wald wird es zum großen Problem hochstilisiert." 

Harmonisches Beziehungsgeflecht

Menschen bevorzugen ruhige Naturlandschaften, weil sie Ausgleich zum (stressigen) Alltag versprechen. Es wird gewandert, gereitet, gebikt, um das Bedürfnis nach Erholung bzw. Bewegungsaktivität zu stillen. Unterschiedliche Bewegungsarten mögen beim Aufeinandertreffen Konflikte provozieren, jedoch nur, wenn mangelndes Sozialverhalten vorherrscht. Leider gibt es wie überall - auf beiden Seiten - Egoisten, für die Allgemeinwohl bzw. Einhaltung eines Verhaltenskodex bedeutungslos ist.
Die Kommunikation zwischen Wanderer und Biker geschieht verbal wie nonverbal. Gegenseitige Rücksichtnahme zählt zwar zur Selbstverständlichkeit, dennoch läuft nicht alles konfliktfrei ab. Als gelegentliche "Spaßbremsen" erweisen sich Unbelehrbare, Ignoranten, Provokateure oder notorische Streithanseln, die es auf beiden Seiten vereinzelt gibt. Manch einer legt einen unangepassten Fahrstil an den Tag, andere verhalten sich vorurteilsbehaftet und versuchen in aller Regelmäßigkeit "ihre" Pfade mit Baumstämmen und Ästen zu verbarrikadieren. Zum Glück zählen Unfriedenstifter, die Sozialkonflikte heraufbeschwören zu den absoluten Ausnahmen. Einzelfälle - selbst wenn das manch einer nicht wahrhaben will - sollten deshalb nicht überbewertet werden. Umso fadenscheiniger, wenn bedauernswerte Einzelvorkommnisse dramatisiert werden, um die 2 Meter Regel zu begründen. Rücksichtlose, uneinsichtige Querulanten wird es immer geben, das vermag eine Wegebreitenvorgabe nicht im geringesten zu ändern.

Die Überflüssigkeit der 2 Meter Regel wird ersichtlich, wenn der Begegnungsverkehr unter dem Gesichtspunkt der allgemeinüblichen Verhaltenspraxis näher beleuchtet wird. Das Geschehniss läuft nach einem schematisierten Verhaltensmuster ab: Biker drosseln ihr Tempo, nehmen Blickkontakt auf bzw. machen sich akkustisch bemerkbar, grüßen, weichen aus oder steigen ab. Unabhängig wie schmal der (einspurige) Pfad ist, sind Ausweichschritte des einen oder Ausweichmanöver des anderen bzw. beides selbstredend. Das Procedere geschieht intuitiv, nonverbal und ohne großes Heckmeck. Was unter Wanderern mit Selbstverständnis praktiziert wird, geschieht ebenso zwischen Wanderer und Biker. Deshalb wäre es auch unfair, Wanderern grundsätzlich die Akzeptanz der Wald- und Wegnutzung mit dem Bike abzusprechen. Zeiten wie Zeitgeist ändern sich - insofern muss der Mensch mit der Zeit mitgehen - ansonsten eckt er am "System" an. 

Dass dem Fußgänger als "schwächeren" Naturnutzer grundsätzlich Vorrang gewährt wird, versteht sich von selbst. Während des Passiervorgangs schwingen neben aller Rationalität (Situationsbewertung) unterschwellig immer ein stückweit Emotionen mit. So wirkt ein freundlicher Gesichtsausdruck sympathieauslösend und verschafft dem Moment der flüchtigen Kontaktaufnahme eine harmonische Schwingung. Lächeln steckt an und wird in aller Regel erwidert - alles ist gut. Freundlichkeit beruht auf Gegenseitigkeit, d.h. wie man in den Wald rein ruft schallt es zurück. Beiseitetreten des Wanderers wird mit einem Danke oder symbolischem Kopfnicken des Bikers quittiert. So weit die gängige Praxis. Was im Begegnungsverkehr zu regeln ist wird ungezwungen ohne staatliche Bevormundung zwischenmenschlich geregelt. Für aufoktroyierte Zwangsmaßnahmen besteht insofern keinerlei Anlass - wie manche Kritiker Glauben machen wollen. Nach demokratischem Selbstverständnis sollten dem Bürger Tugenden wie Selbstkontrolle, Rücksichtnahme und Toleranz zugetraut werden. Von daher sind unsinnige Pauschalverbote fehl am Platz. Sie wirken entmündigend, weil sie Menschen die Fähigkeit zum eigenverantwortlichen Handeln abspricht.  

Es drängt sich die Frage auf, wieso es im "Ländle" einer gesetzlichen Pauschalverordnung bedarf, auf die all andere Bundesländer bzw. Alpenländer aus gutem Grund verzichten? Warum soll Begegnungsverkehr auf schmäleren schwach befahrenen Pfaden im Gelände nicht reibungslos vonstatten gehen, wo Radverkehr auf weniger als 2 m breiten Radwegen bei wesentlich höherer Nutzerfrequenz und höheren Geschwindigkeiten problemlos funktioniert? Fragen auf die die Wegebreiten-Verfechter Antworten schuldig blieben. Stattdessen wird auf Kosten der Handlungsfreiheit der Biker, anderen eine Art Exklusiv-Naturnutzungsrecht zugestanden. Gerecht ist das nicht, sondern diskriminierend.

Singletrails - Inbegriff des Mountainbikings

Mountainbiking hat sich längst vom Trend- zum Massensport entwickelt. Das Institut für Demoskopie Allensbach führte eine Datenerhebung durch, demzufolge 2013 hochgerechnet rund 3,1 Millionen in ihrer Freizeit häufig bzw. 12.4 Millionen gelegentlich Mountainbike fuhren. Quelle: Demoskopie Allensbach, Grundgesamtheit 105 000 Personen (2007-2011). Damit rangiert Mountainbiken unter den beliebtesten Massensportarten Deutschlands im Spitzenfeld. Hinzu kommen Klimaerwärmung mit milden Wintern sowie warme, atmungsaktive Winter-Funktionskleidung, wodurch sich Mountainbiking für immer mehr Biker zur Ganzjahressportart entwickelt.

Singletrails gelten heute als Inbegriff des Mountainbikings, was eine DIMB – Umfrage aus dem Jahre 2010 eindrucksvoll belegt. So erachteten 83 % der Befragten das Befahren von Singletrails als (sehr) wichtig, wobei der Prozentsatz - u.a. durch Zunahme der Crossbiker - tendenziell gestiegen sein dürfte. Herausfordernde "Spielwiesen", die fahrtechnischen Einsatz fordern und koordinativen Fahrspaß liefern sind heutzutage en voque. Umgerechterweise muss die Kröte der angeordneten Ausgrenzung zugunsten anderer Naturnutzer der Mountainbiker schlucken.

Demgegenüber nahm die Frequentierung von reizarmen Wegen > 2 m Breite in den zurückliegenden Jahren rasant ab. Vorwiegend sind es Einsteiger, die hier ihre ersten Schnupperausflüge starten, wobei nach gewissem Lernprozess mehr und mehr auf "schmälere", hindernisbestückte Wege eingelenkt wird. Bleibt noch der Personenkreis um Senioren, Trekking- und E-Biker, die leicht zu befahrende Wege bevorzugen und von 2 Meter Regel unberührt bleiben.  

Themenrelevante Artikel

Rechtslage

Konfliktpotential

Trail-Sharing